Last Updated on 16. April 2023 by Holger
Wenn ich die Nachrichten einschalte, merke ich deutlich, dass uns der Klimawandel längst eingeholt hat. Es brennt in Los Angeles und in Italien toben schwere Waldbrände. Südafrika hat dieses Jahr einen der trockensten Sommer seit Langem erlebt. Wir wurden gebeten nicht länger als drei Minuten täglich zu duschen und auch sonst mit dem Wasser sparsam umzugehen. Hausbesitzer durften ihre Gartenpflanzen nicht mit Leitungswasser bewässern. Anderswo das krasse Gegenteil: Überschwemmungen!
Trotz all diesem doch so Offensichtlichen, wollen einige Unverbesserliche es nicht wahrhaben und bezichtigen selbst wissenschaftlichen Untersuchungen der Lüge.
Das es auch anders geht, dass man auch nachhaltig eine Stadt mit Energie versorgen kann, konnten wir vor kurzem in Malmö/Schweden erfahren. Wir reisten auf Einladung von E.ON nach Hyllie, einem Stadtteil von Malmö. Man merkt es nicht sofort, wenn man aus dem Zug aussteigt und die Rolltreppe im Bahnhof nach oben fährt, aber hier wird moderne Technologie sehr intelligent eingesetzt. So sind ein Großteil der Gebäude mit Gründächern ausgestattet, auf denen Photovoltaik-Anlagen Strom erzeugen.
Dezentrale Energieversorgung
Hyllie setzt stark auf eine dezentrale Energieversorgung. Die benötigte Energie kommt nicht nur vom vor Malmös Küste stehenden Windpark, sondern auch von den Dächern in Hyllie selbst. Das Ziel ist es das jedes Haus in Hyllie Solarenergie erzeugen soll. Um diese Energie, die nun überall in der Stadt produziert wird, intelligent zu verteilen ist es notwendig zu wissen, wer überhaupt gerade wieviel Strom erzeugt.
smart Grids – die Zukunft der Energieverteilung
Dieses Wissen steckt in den sogenannten Smart-Grids. Intelligente Netze die dem Netzbetreiber Informationen über die zur Verfügung stehende Energie liefert, aber auch mitteilt wo sie gerade benötigt wird. Ein Smart-Grid sorgt also für eine optimale Netzauslastung durch ein flexibles Nachfragemanagement.
In den Häusern selber kann jeder Bewohner durch eine Wohnraumsteuerung genau sehen wann der Strom am teuersten ist (dann, wenn am meisten nachgefragt wird), so dass er Stromfresser erst dann einschaltet, wenn der Strom günstig ist. Ein toller Nebeneffekt ist, dass man durch ein solches transparentes System die Stromfresser auch lokalisieren und ggf. durch sparsamere Geräte austauschen kann.
smarte Versorgung mit Wasser, Wärme und Kühlung
Eine smarte City wird aber nicht nur durch eine intelligente Energie-Versorgung smart, sondern auch durch eine entsprechende Versorgung mit Wasser, Wärme und Kälte (für Klimaanlagen). Ein schönes Beispiel, welches bei mir besonders hängen geblieben ist, ist der Tunnel, durch den die Bahn nach Hyllie fährt, kurz nachdem sie den Öresund überquert hat. Der Grundwasserspiegel in Hyllie ist sehr hoch, so dass das Wasser um den Tunnel herum ständig abgepumpt werden muss, um ihn nicht zu schädigen. Das kostet einerseits natürlich sehr viel Energie. Auf der anderen Seite plant man aber das kalte Wasser nicht einfach zurück ins Meer zu pumpen, sondern in die Stadt, wo es Klimaanlagen speisen und für die benötigte Kühlung sorgen soll.
Es gibt viele Beispiele, wie man Energie rückgewinnen kann, besonders dort wo viel Abwärme erzeugt wird. Diese kann wieder in das Fernwärmesystem geleitet werden. Müll der verbrannt wird, setzt sehr viel Wärmeenergie frei, die entweder ebenfalls für Fernwärme oder aber zur Stromerzeugung genutzt werden kann.
E-Mobilität in Hyllie
Natürlich spielt Mobilität in der modernen Gesellschaft eine große Rolle. Und da reden wir, da wir ja an unsere Umwelt denken und an die knappen Ressourcen fossiler Brennstoffe denken, von Elektromobilität. Natürlich hat E.ON in Hyllie eine Elektromobil Flotte mit der wir auch unterwegs waren, aber auch die Bürger sollen nach und nach auf Elektrofahrzeuge umrüsten. Auch hier gibt Schweden mal wieder den Ton an. Während wir Deutschen uns unglaublich mit dem Umstieg auf E-Autos quälen, gab der schwedische Autobauer Volvo kurz bevor wir nach Malmö gefahren sind bekannt, dass er ab 2019 nur noch Fahrzeuge mit Elektromotoren oder Hybridmodelle herstellen wird, während deutsche Hersteller versuchen „sauber“ aus dem Dieselskandal rauszukommen.
Was ist in Deutschland geplant?
Vielleicht ist das auch ein Grund, warum wir nach Schweden eingeladen wurden. E.ON-Vorstand Leonard Birnbaum, der uns in Hyllie begrüßt hat, berichtet zwar von ähnlichen Projekten, die E.ON auch in Deutschland vorantreibt, aber wir Deutsche sind in vieler Hinsicht auch etwas schwieriger oder wir denken zu kompliziert. Während wir noch alle möglichen Risiken abwägen, probieren es die Schweden einfach aus. Und Malmö hat sich hehre Ziele gesetzt: Bis 2020 will es weltweit führend sein was Nachhaltigkeit angeht und bis 2030 soll die Stadt ausschließlich mit erneuerbarer Energie versorgt werden.
Selbstverständlich läuft bei so einem Projekt nicht alles reibungslos und es muss das ein oder andere Mal auch Lehrgeld gezahlt werden, aber wir sollten uns alle bewusst sein, dass wir echt nicht mehr so viel Zeit haben zum abwägen. Wir brauchen Lösungen. E.ON und die Stadt Malmö haben uns gezeigt wie es gehen kann, wenn man es wirklich will. Für diese Erkenntnis möchten wir uns sehr bei Beiden bedanken.
Tolles Projekt, weiter so!